Donnerstag, 17 Ramadan 1445 | 28/03/2024
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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage

Der Rechtsspruch bezüglich des dūyānī- und nisfikī-Vertrages in Afghanistan

An ʿAbd al-Ğamīl Qāmiʿ

Frage:

As-salāmu ʿalaikum.

Unser ehrenwerter Scheich! Bei uns in Afghanistan existiert ein weit verbreitetes Geschäftsgebaren, wo wir nicht wissen, ob es islamrechtlich korrekt ist. Dabei handelt es sich um folgende Vereinbarung: Ein Armer nimmt ein einjähriges oder zehn Monate altes Kalb und zieht es ein oder zwei Jahre lang auf. Ist es eine Kuh, die trächtig wird und gebärt, gehört dem Armen ihr Kälbchen und ihre Milch. Die Kuh gibt er dem Eigentümer zurück, oder sie wird vor der Geburt des Kalbes verkauft, wobei jeder die Hälfte des Erlöses erhält. Ist es ein Stier, so verkaufen sie ihn und teilen sich den Verkaufserlös zu gleichen Teilen. Oder sie behalten das Tier und teilen sich den Nutzen daraus zu gleichen Teilen. Den ersten Fall bezeichnet man als dūyānī und den zweiten als niṣfikī. Ist dieser Vertrag korrekt oder mangelhaft?

Möge Allah dich reichlich belohnen!

Antwort:

Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh!

Zu den Bedingungen eines Arbeits- bzw. Dienstvertrages zählt, dass die Entlohnung - im Falle ihrer Erwähnung - bekannt und nicht schleierhaft ist. Im Buch „Das Wirtschaftssystem im Islam“ wird auf Seite 133 (deutsche Ausgabe) unter dem Kapitel „Der Arbeitslohn - al-ağr“ dazu ausgeführt:

„Für den Dienstvertrag ist es eine Bedingung, dass der Arbeitslohn durch Beschreibung und Darstellung in einer Weise bekannt gemacht wird, die jede Unklarheit ausschließt. Der Prophet (s) sagte:

"إذا استأجر أحدكم أجيراً فليعلمه أجره"

Wenn jemand von euch einen Dienstnehmer anheuert, so soll er ihm seinen Lohn bekanntgeben.

Die Entlohnung für die Arbeit kann entweder in Geld oder in etwas Anderem erfolgen. Sie kann aus Gütern oder einem Nutzen bestehen. Denn alles, was als Preis zulässig ist, ist es auch als Entgelt. Bedingung ist jedoch, dass der Lohn beiden Vertragspartnern bekannt ist. Es wäre unzulässig, wenn er unbekannt bleibt. Wird z. B. jemand zur Einbringung der Ernte für einen unbekannten Teil des Ernteertrages angeheuert, so ist es wegen der existierenden Unklarheit nicht zulässig. Anders verhält es sich, wenn man ihn für einen ṣāʿ (arabisches Hohlmaß, bei Weizen ergibt es ein Gewicht von 2176g) oder einen mudd (Hohlmaß, bei Weizen ergibt es 544g) anheuert. Das wäre erlaubt. Auch ist es zulässig, einen Dienstnehmer für Kost und Kleidung anzuheuern oder ihm zusätzlich zu Kost und Kleidung einen Lohn festzulegen, da dies für die Stillende erlaubt ist. Der Erhabene sagt:

﴿وَعَلَى الْمَوْلُودِ لَهُ رِزْقُهُنَّ وَكِسْوَتُهُنَّ بِالْمَعْرُوفِ﴾

Und dem Vater soll ihre (der Stillenden) Versorgung und Kleidung nach Billigkeit obliegen. (2:233) So hat Er ihnen Versorgung und Kleidung im Gegenzug für das Stillen zugesprochen. Wenn das für die Stillende gilt, dann gilt es auch bei anderen Tätigkeiten, da es sich in allen Fällen um einen Dienstvertrag handelt. Es ist also eine Frage des Miet- und Dienstnehmerrechts.

Der Lohn muss also in einer Weise bekannt gemacht werden, die jede Unklarheit ausschließt, damit ihn der Dienstnehmer ohne Streitigkeit einfordern kann. Denn sämtliche Verträge haben grundsätzlich den Zweck, Streitigkeiten unter den Menschen auszuschließen.“

Deshalb stellt es eine Bedingung dar, dass der Arbeitslohn bekannt ist, aufgrund der Aussage des Gesandten (s):

«‎إذا استأجر أحدكم أجيراً فليعلمه أجره»

Wenn jemand von euch einen Dienstnehmer anheuert, so soll er ihm seinen Lohn bekanntgeben. Bei ad-Dāraquṭnī von ibn Masʿūd tradiert. Auch berichtet Aḥmad von Abū Saʿīd, dass der Gesandte (s) es untersagte, einen Dienstnehmer anzuheuern, ehe man ihm seinen Lohn bekannt gibt.

Wenn der Lohn jedoch nicht bekannt gemacht wurde, gilt der Dienstvertrag trotzdem als abgeschlossen und ist (für sich gesehen) islamrechtlich korrekt. Bei Streitigkeit über seine Höhe wird der Standardlohn für die gleichwertige Tätigkeit herangezogen. Das gesamte Thema ist im Buch „Das Wirtschaftssystem im Islam“ bei der Behandlung des Dienstvertrages ausführlich dargelegt worden. Es kann dort nachgelesen werden.

Im Lichte dessen ist deine Frage, wie ich sie verstanden habe, die folgende:

Der Arme nimmt ein einjähriges oder zehn Monate altes Kalb, versorgt es und zieht es für die Dauer von ein oder zwei Jahren auf. Sein Lohn ergibt sich wie folgt:

- Handelt es sich beim Kalb um ein weibliches Tier und zieht er es auf, bis es zu einer Kuh wird, dann gilt:

a) Gebärt sie während ihrer Aufzuchtzeit ein Kalb, dann bilden das Kalb und die Milch der Kuh den Arbeitslohn für den Armen. Die Kuh gibt er in diesem Falle ihrem Eigentümer zurück.

b) Oder er erhält den halben Kaufpreis der Kuh, wenn sie vor Geburt ihres Kalbes verkauft wird, als Entlohnung für die Aufzucht des Tieres.

- Handelt es sich beim Kalb, das er zur Aufzucht und Betreuung übernommen hat, um ein männliches Tier, so ist sein Arbeitslohn nach ein oder zwei Jahren Aufzuchtzeit der folgende:

c) Das Tier wird verkauft und der Verkaufserlös zu gleichen Teilen unter ihnen aufgeteilt.

d) Oder sie behalten es und teilen sich den Nutzen aus dem Tier zu gleichen Teilen.

Wenn mein o. a. Verständnis richtig ist, dann hängt der islamische Rechtsspruch in diesem Falle davon ab, ob der Arbeitslohn bekannt ist oder nicht. Auch muss die Aufzucht- und Betreuungsfrist bekannt und festgelegt sein. Somit ergeht die Antwort wie folgt:

- Der Fall a) ist vertraglich unzulässig, da der Arbeitslohn als das vereinbart wurde, was die Kuh gebären könnte. Und dies ist (zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) unbekannt.

- Im Fall b) ist der Arbeitslohn bekannt, da es der halbe Verkaufspreis der Kuh nach einer vereinbarten Aufzuchtfrist ist. Somit ist es zulässig.

- Im Fall c) ist der Arbeitslohn der halbe Verkaufspreis des Kalbes nach einer vereinbarten Aufzuchtfrist, was ebenfalls zulässig ist.

- Im Fall d) muss der mögliche Nutzen aus dem Tier festgelegt werden, der zu gleichen Teilen zwischen beiden aufgeteilt werden soll, sodass er klar bekannt ist. Dann wäre es zulässig, ansonsten nicht.

Euer Bruder ʿAṭāʾ ibn Ḫalīl Abū ar-Rašta

3. Ğumādā aṯ-Ṯāniya 1438 n. H.

02.03.2017

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