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H.  15 Jumada I 1441 No: 1441 / 02
M.  Freitag, 10 Januar 2020

Stellungnahme zum Regierungsprogramm der ÖVP und der Grünen

Am 02.01.2020 wurde nach zweimonatiger Verhandlung das schwarzgrüne Regierungsprogramm vorgestellt und zwei Tage später auf dem Bundeskongress der Grünen von überwältigenden 93,18 % der Delegierten bestätigt. Das Programm, in dem der Islam 16 Mal erwähnt wird, ist eine unverblümte Kampfansage der neuen Koalition an das islamische Leben in Österreich und damit eine Fortsetzung der repressiven Politik der vorangegangenen Regierung.

Bereits die Präambel trägt den Geist der Integrationsdoktrin in sich, die auf der Annahme beruht, dass eine Gesellschaft nur auf einem kulturell monolithischen Sockel existieren und fortbestehen kann. Mit anderen Worten müssen von der Mehrheitsgesellschaft abweichende Wertegerüste und Lebensentwürfe angeglichen oder beseitigt werden. Die österreichische Identität gelte es durch einen konsequenten Kurs im Bereich Migration und Integration zu schützen. Diesbezügliche Voraussetzungen seien die Akzeptanz der europäischen und […] österreichischen Rechts- und Werteordnung bzw. die Trennung von Religion und Staat sowie die Gleichstellung der Geschlechter. Konkretisiert wird dieser Tenor durch unterschiedliche Maßnahmen, die in zahlreichen Politikfeldern verortet sind, angefangen von Reformen im Justizwesen, über die Erinnerungskultur bis hin zur Inneren Sicherheit. Die größte Maßnahmendichte findet sich jedoch in den Bereichen der Integrations- und Bildungspolitik. Dabei wird zunächst dargelegt, dass Österreich ein weltoffenes christlich geprägtes Land sei, das sich dem Humanismus und der Aufklärung verpflichte. Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und einer gelungenen Integration seien gemeinsame Werte und Regeln, die von allen – auch von Zuwandernden – akzeptiert und mitgetragen werden müssten. Weiterhin heißt es: Verstöße gegen die demokratische Grund- und Werteordnung unseres liberalen Staates dürfen nicht relativiert und hingenommen werden, egal aus welcher Richtung oder mit welcher Begründung sie kommen. Um dies zu gewährleisten, soll der schulische Religionsunterricht integrationsfördernd gestaltet und an staatsbürgerlicher Erziehung orientiert werden. Insbesondere die Materialien des Islamunterrichts müssten im Hinblick auf verfassungsrechtliche Werte durch das Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit dem Kultusamt auf problematische Inhalte geprüft werden. Um sicherzustellen, dass Kinder möglichst ohne Zwang (wie z. B. das Tragen eines Kopftuchs) aufwachsen können […], soll das bestehende Kopftuchverbot auf Schülerinnen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ausgeweitet und verstärkte Kontrollen in Kinderbetreuungsstätten (insbesondere islamischen) wie Kindergärten, Privatschulen, Schülerheimen und Bildungseinrichtungen eingeführt werden. All dies diene den österreichischen Bildungszielen und wirke der Manipulation und Verbreitung von Ideologien, die den Grundsätzen unserer Verfassung entgegenstehen, wie zum Beispiel der religiös motivierte politische Extremismus (politischer Islam) entgegen, so die Formulierung des Koalitionsvertrages.

All diese Maßnahmen belegen, wie weit die Alpenrepublik gehen wird, um die totalitäre Utopie einer uniformierten Gesellschaft zu realisieren. Weitreichende und tiefgreifende Eingriffe in die Lebenswirklichkeit, in die Gedanken- und Gefühlswelt der Muslime werden die Politik der türkisgrünen Regierung prägen. So lassen Formulierungen wie - gemeinsame Werte […] von allen – auch von Zuwandernden – akzeptiert und mitgetragen - keinen Zweifel darüber aufkommen, dass die einzige Identität, die ein Existenzrecht besitzt, jene Österreichs sein wird. Der singuläre Geltungs- und Wahrheitsanspruch der eigenen Werteordnung erhebt die Integration zu einer Schicksalsfrage, die radikale und gesamtgesellschaftliche Abwehrreflexe erzeugen wird. Unterstrichen wird diese Denkfigur durch den Kontext, in dem die Integration diskutiert wird. Der stetige Verweis auf sicherheitspolitische Aspekte und der Aufbau einer strafrechtlichen Drohkulisse suggerieren, dass sich Österreich bereits mitten im Kulturkampf befindet, in dem es nur einen Sieger geben kann. Die in dem Regierungsprogramm formulierten Maßnahmen sind daher nicht auf einen Interessensausgleich der unterschiedlichen sozialen Gruppen ausgerichtet. Vielmehr folgen sie dem Geist der Integrations- bzw. Assimilationspolitik, die im Kern auf die Zersetzung des Anderen ausgerichtet ist! Der wohl wichtigste Indikator für den islamfeindlichen Konsens in der österreichischen Politik ist die Tatsache, dass sich nun auch die weltoffenen Grünen auf einem weltanschaulich-religiösen Kollisionskurs befinden. Die Partei ist auf einen Zug aufgesprungen, in dem Feindbilder konstruiert und markiert werden und ist sogar bereit, den Kulturkampf bis in die Klassenzimmer und Kindergärten zu tragen. Sie übernimmt damit die Politik der nationalkonservativen Vorgängerregierung und befindet sich dahingehend auf einer Linie mit ihren vermeintlichen Erzfeinden Hofer, Strache und Kickl!

Angesichts dieser verheerenden Entwicklungen ruft Hizb-ut-Tahrir die Muslime im gesamten deutschsprachigen Raum dazu auf, sich dieser bitteren Realität zu stellen. Insbesondere unsere Verbände, Moscheen und Gemeindevertreter müssen spätestens jetzt erkennen, dass die vom System definierten Wege der Interessenvertretung für Muslime verschlossen sind! Denn die jahrzehntelange Agitation, die Verbreitung islamfeindlicher Narrative und die polemisch geführten Verbotsdebatten haben die Gesellschaft in all ihren Ebenen durchdrungen, sodass sich ein Partei- und Milieuübergreifendes Leitbild entwickelt hat, in dem die Muslime die Antithese des eigenen Seins verkörpern. Der strukturellen Verfolgung der islamischen Identität und Lebensweise müssen sich sämtliche Muslime entschlossen entgegenstellen! Hizb-ut-Tahrir ruft dazu auf, sich öffentlichkeitswirksam und kompromisslos zu positionieren, in den gesellschaftlichen Diskurs einzudringen und die Integrationsdoktrin in aller Deutlichkeit abzulehnen. Nur auf diese Weise lässt sich die Illegitimität islamfeindlicher Politikmaßnahmen im öffentlichen Bewusstsein verankern, um der Polarisierung der Gesellschaft effektiv entgegenzuwirken und den drohenden Kulturkampf abzuwenden.

﴿يَا أَيُّهَا الَّذِينَ آمَنُوا اسْتَجِيبُوا لِلَّهِ وَلِلرَّسُولِ إِذَا دَعَاكُمْ لِمَا يُحْيِيكُمْ وَاعْلَمُوا أَنَّ اللَّهَ يَحُولُ بَيْنَ الْمَرْءِ وَقَلْبِهِ وَأَنَّهُ إِلَيْهِ تُحْشَرُونَ

“Ihr, die ihr glaubt, leistet Allah und dem Gesandten Folge, wenn er euch zu dem aufruft, was euch Leben spendet. Und wisset, dass Allah zwischen dem Menschen und seinem Herzen trennt und dass ihr zu Ihm versammelt werdet!“ (8:24)

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