Dienstag, 06 Shawwal 1445 | 16/04/2024
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بسم الله الرحمن الرحيم

Im Namen Allahs des Erbarmungsvollen des Barmherzigen

Antwort auf eine Frage
Das Abstandhalten im Gebet ist eine Neuerung im Glauben (bidʿa),
deren Sünde die Herrscher tragen

 

Gepriesen sei Allah, der Herr der Welten. Friede und Segen auf den Gesandten Allahs, auf seine Familie, seine Gefährten und alle, die sich ihm angeschlossen haben.

An alle, die bezüglich des Abstandhaltens von zwei Metern zwischen den Betenden beim Freitags- und Gemeinschaftsgebet Fragen an mich gerichtet haben. Sie führen aus, dass die Herrscher in einigen muslimischen Ländern die Moscheen geschlossen halten, und wenn sie diese öffnen, dann zwingen sie die Betenden dazu, zwei Meter Abstand untereinander einzuhalten. Die Regierungen würden diese Maßnahme damit rechtfertigen, dass der Kranke entschuldigt sei. Da er auch sitzend beten dürfe, könne daraus eine Analogie auf das Abstandhalten von zwei Metern zu seinem Nachbarn gezogen werden. Selbst wenn er gar nicht krank wäre, sondern eine Erkrankung nur befürchtet wird, sei dies zulässig. Nun wurde die Frage gestellt, ob es den Herrschern erlaubt sei, den Betenden das Abstandhalten in der erwähnten Weise vorzuschreiben, oder ob es sich dabei um eine Neuerung im Glauben (bidʿa) handle, deren Sünde die Herrscher tragen. Die Fragesteller drängten darauf, eine Antwort zu erhalten.

In Beantwortung ihrer Fragen führe ich aus, möge Allah mir dabei Beistand sein:

Wir haben bereits mehrere Antworten zum Thema bidʿa herausgegeben. Hätten die Fragesteller sie genau studiert, wäre ihnen die Antwort klar geworden, dass das Abstandhalten in der erwähnten Form eine bidʿa darstellt, deren Sünde die Herrscher tragen, wenn sie die Menschen zu einem solchen Abstandhalten zwingen. Dazu die folgende Erläuterung:

Erstens: Am 28. Rağab 1434 n. H., dem 07.06.2013, haben wir eine Frage/Antwort herausgegeben, in der es heißt: Bidʿa bedeutet, der Anordnung des Gesetzgebers, zu der eine Durchführungsform ergangen ist, zuwiderzuhandeln. Denn sprachlich bedeutet bidʿa, wie es in der Sprachenzyklopädie „Lisān al-ʿarab“ ausgeführt wird, Folgendes: „Al-Mubtadiʿ (Subjektform von bidʿa) ist derjenige, der eine Sache in einer noch nie dagewesenen Form vollzieht.“ Und „abdaʿtu aš-šaiʾa“ bedeutet, ich habe eine Sache erfunden, die einzigartig ist. In der islamrechtlichen Konvention bedeutet der Ausdruck dasselbe, und zwar, dass eine Form vorhanden ist, in welcher der Gesandte eine bestimmte Handlung vollzogen hat, und der Muslim sie dann auf eine andere Weise durchführt. Das bedeutet, dass der islamrechtlichen Vollzugsweise zuwidergehandelt wird, die das islamische Recht zur Durchführung einer islamrechtlichen Angelegenheit vorgeschrieben hat. Diese Bedeutung geht aus folgendem Hadith hervor:

«وَمَنْ عَمِلَ عَمَلاً لَيْسَ عَلَيْهِ أَمْرُنَا فَهُوَ رَدٌّ»

Wer eine Handlung begeht, die nicht auf unserem Befehl beruht, so ist sie zurückzuweisen. Bei al-Buḫārī und Muslim in geschlossener Kette tradiert. Der Wortlaut ist hier jener bei al-Buḫārī. Wenn also jemand dreimal anstatt zweimal in seinem Gebet suğūd vollzieht, dann hat er eine bidʿa begangen, weil er der Handlung des Gesandten widersprochen hat. Und wer (bei der Pilgerfahrt) acht Steine wirft anstatt sieben, hat eine bidʿa begangen, weil er der Handlung des Gesandten widersprochen hat. Und wer beim Gebetsruf Wörter hinzufügt oder weglässt, hat auch eine bidʿa begangen, weil er der Form des Gebetsrufs widersprochen hat, die vom Gesandten Allahs gebilligt wurde.

Wenn man hingegen der Ansprache des Gesetzgebers in jenen Bereichen zuwiderhandelt, zu denen keine bestimmte Vollzugsform ergangen ist, so fällt dies in den Rahmen der allgemeinen Rechtssprüche. Der Sachverhalt wird dann als verboten (ḥarām), unerwünscht (makrūh) etc... bezeichnet, wenn sich die Ansprache auf das Setzen der Handlung selbst bezieht, oder als ungültig (bāṭil), mangelhaft (fāsid) etc..., wenn sie deren Rechtsgestalt (waḍʿ) betrifft, und zwar je nach Indiz (qarīna), das die Ansprache begleitet.

Dazu das folgende Beispiel: Muslim berichtet in geschlossener Kette von ʿĀʾiša (r), der Mutter der Gläubigen, dass sie das Gebet des Gesandten folgendermaßen beschrieb:

«... وَكَانَ إِذَا رَفَعَ رَأْسَهُ مِنَ الرُّكُوعِ لَمْ يَسْجُدْ، حَتَّى يَسْتَوِيَ قَائِماً، وَكَانَ إِذَا رَفَعَ رَأْسَهُ مِنَ السَّجْدَةِ، لَمْ يَسْجُدْ حَتَّى يَسْتَوِيَ جَالِساً...»

(...) Wenn er sein Haupt aus dem rukūʿ erhob, ging er nicht in den suğūd, bevor er sich vollständig aufgerichtet hatte. Und wenn er sein Haupt aus dem suğūd erhob, ging er nicht wieder in den suğūd, bevor er sich vollständig aufrecht gesetzt hatte. (...) Hier hat der Gesandte dargelegt, dass der Muslim, wenn er sich aus dem rukūʿ erhebt, nicht in den suğūd gehen soll, ehe er sich vollständig aufgerichtet hat. Und wenn er sich aus dem suğūd erhebt, geht er nicht in den zweiten suğūd, ehe er sich vollständig aufrecht gesetzt hat. Dies ist die Vollzugsform des Gebets, die der Gesandte dargelegt hat. Wer ihr zuwiderhandelt, hat eine bidʿa begangen. Wenn sich also der Betende aus dem rukūʿ erhebt und sofort in den suǧūd geht, bevor er sich vollständig aufgerichtet hat, so hat er eine bidʿa begangen, weil er der Vollzugsform widersprochen hat, die vom Gesandten dargelegt wurde.

Muslim berichtet hingegen in geschlossener Kette von ʿUbāda ibn aṣ-Ṣāmit, der sprach: Ich hörte, wie der Gesandten Allahs ,

«يَنْهَى عَنْ بَيْعِ الذَّهَبِ بِالذَّهَبِ، وَالْفِضَّةِ بِالْفِضَّةِ، وَالْبُرِّ بِالْبُرِّ، وَالشَّعِيرِ بِالشَّعِيرِ، وَالتَّمْرِ بِالتَّمْرِ، وَالْمِلْحِ بِالْمِلْحِ، إِلَّا سَوَاءً بِسَوَاءٍ، عَيْناً بِعَيْنٍ، فَمَنْ زَادَ، أَوِ ازْدَادَ، فَقَدْ أَرْبَى»

den Verkauf von Gold mit Gold, Silber mit Silber, Weizen mit Weizen, Gerste mit Gerste, Datteln mit Datteln und Salz mit Salz untersagte, es sei denn, es erfolgt in gleichem Maß und ist jeweils im Gegenstand bestimmt. Wer mehr gibt oder nimmt, hat ribā begangen. Sollte nun ein Muslim diesem Hadith zuwiderhandeln, indem er z. B. Gold mit Gold zu ungleichen Teilen und nicht in gleichem Gewicht verkauft, so sagt man nicht, dass er eine bidʿa, sondern dass er einen ḥarām, nämlich ribā, begangen hat.

Zusammenfassend ist also zu sagen: Wenn man der Vollzugsform zuwiderhandelt, die der Gesandte Allahs dargelegt hat, so ist es bidʿa. Widerspricht man hingegen dem Befehl des Gesandten als solchen, ohne dass eine Vollzugsform dargelegt wurde, so fällt es in die Kategorie der Rechtssprüche und wird - je nach Beweislage - als verboten (ḥarām), unerwünscht (makrūh) etc... klassifiziert oder als ungültig (bātil), mangelhaft (fāsid) usw... (Ende des Zitats) Am 08. Ḏū l-Ḥiğğa 1436 n. H., dem 22.09.2015, haben wir eine noch detailliertere Antwort zur bidʿa herausgegeben. Davor und danach sind noch weitere Antworten ergangen. Und dies ist mit Allahs Erlaubnis befriedigend und ausreichend gewesen.

Zweitens: Wenn also die Staaten in den islamischen Ländern beim Freitags- oder Gemeinschaftsgebet die Betenden dazu zwingen, dass jeder von ihnen ein oder zwei Meter Abstand zu seinem Nachbarn hält - und das aus bloßer Angst vor Ansteckung, besonders wenn keine Krankheitssymptome erkennbar sind - so haben sie damit eine gewaltige Sünde begangen, da ein solches Abstandhalten eine bidʿa darstellt, weil es in klarem Widerspruch zur Form und Ordnung der Gebetsreihe steht, die der Gesandte Allahs in mehreren Rechtsbelegen aufgezeigt hat, wie z. B.:

- Al-Buḫārī berichtet in seinem „Ṣaḥīḥ“ in geschlossener Kette von Abū Sulaimān Mālik ibn al-Ḥuwairiṯ, der sagte: Wir kamen zum Gesandten Allahs , als wir junge Männer in ähnlichem Alter waren, und hielten uns zwanzig Tage bei ihm auf... Er war ein gnadenvoller Gefährte...

«فَقَالَ ارْجِعُوا إِلَى أَهْلِيكُمْ فَعَلِّمُوهُمْ وَمُرُوهُمْ وَصَلُّوا كَمَا رَأَيْتُمُونِي أُصَلِّي وَإِذَا حَضَرَتِ الصَّلَاةُ فَلْيُؤَذِّنْ لَكُمْ أَحَدُكُمْ ثُمَّ لِيَؤُمَّكُمْ أَكْبَرُكُمْ»

Hierauf sagte er: „Kehrt zu euren Familien zurück, lehrt und unterweist sie, und betet, wie ihr mich beten gesehen habt. Wenn die Gebetszeit eintritt, soll einer von euch den Gebetsruf für euch ausrufen und der Älteste von euch soll für euch vorbeten.“

- Ferner berichtet al-Buḫārī in seinem „Ṣaḥīḥ“ in geschlossener Kette von Anas ibn Mālik, der sprach: Das Gebet war unmittelbar ausgerufen worden, als der Gesandte Allahs sich zu uns wandte und sprach:

«أَقِيمُوا صُفُوفَكُمْ، وَتَرَاصُّوا، فَإِنِّي أَرَاكُمْ مِنْ وَرَاءِ ظَهْرِي»

Richtet eure Reihen und stellt euch zusammen, denn ich sehe euch hinter meinem Rücken.

- Muslim berichtet in seinem „Ṣaḥīḥ“ in geschlossener Kette von an-Nuʿmān ibn Bašīr (r), der sagte:

كَانَ رَسُولُ اللهِ ﷺ يُسَوِّي صُفُوفَنَا حَتَّى كَأَنَّمَا يُسَوِّي بِهَا الْقِدَاحَ حَتَّى رَأَى أَنَّا قَدْ عَقَلْنَا عَنْهُ، ثُمَّ خَرَجَ يَوْماً فَقَامَ، حَتَّى كَادَ يُكَبِّرُ فَرَأَى رَجُلاً بَادِياً صَدْرُهُ مِنَ الصَّفِّ، فَقَالَ: «عِبَادَ اللهِ لَتُسَوُّنَّ صُفُوفَكُمْ، أَوْ لَيُخَالِفَنَّ اللهُ بَيْنَ وُجُوهِكُمْ»

Der Gesandte Allahs pflegte unsere Reihen zu ordnen, als ob er Gefäßreihen ordnen würde, bis er sah, dass wir es von ihm verstanden hatten. Eines Tages richtete er sich zum Gebet auf. Doch kurz bevor er den takbīr vollzog, sah er einen Mann, der vorne aus der Reihe scherte. Da sagte er: „Ihr Diener Allahs, ordnet eure Reihen, sonst wird Allah Zwietracht unter euch schüren.“

- Des Weiteren berichtet Muslim in seinem „Ṣaḥīḥ“ von Ğābir ibn Samura, der sagte: Es sprach der Gesandte Allahs:

«أَلَا تَصُفُّونَ كَمَا تَصُفُّ الْمَلَائِكَةُ عِنْدَ رَبِّهَا؟» فَقُلْنَا يَا رَسُولَ اللهِ، وَكَيْفَ تَصُفُّ الْمَلَائِكَةُ عِنْدَ رَبِّهَا؟ قَالَ: «يُتِمُّونَ الصُّفُوفَ الْأُوَلَ وَيَتَرَاصُّونَ فِي الصَّفِّ»

„Wollt ihr euch nicht in gleicher Weise reihen wie die Engel vor ihrem Herrn?“ Wir fragten: „O Gesandter Allahs, und wie reihen sich die Engel vor ihrem Herrn?“ Er antwortete: „Sie vervollständigen die ersten Reihen und stellen sich geschlossen und geordnet in der Reihe auf.“

- Al-Ḥākim berichtet in geschlossener Kette den folgenden Hadith, den er als richtig nach den Bedingungen von Muslim einstufte: Von ʿAbdullāh ibn ʿAmr wird berichtet, dass der Gesandte Allahs sprach:

«مَنْ وَصَلَ صَفّاً وَصَلَهُ اللَّهُ، وَمَنْ قَطَعَ صَفّاً قَطَعَهُ اللَّهُ»

Wer eine Reihe verbindet, zu dem baut Allah eine Verbindung auf. Und wer eine Reihe unterbricht, mit dem bricht Allah.

- Aḥmad berichtet in geschlossener Kette von ʿAbdullāh ibn ʿUmar, dass der Gesandte Allahs sprach:

«أَقِيمُوا الصُّفُوفَ فَإِنَّمَا تَصُفُّونَ بِصُفُوفِ الْمَلَائِكَةِ وَحَاذُوا بَيْنَ الْمَنَاكِبِ وَسُدُّوا الْخَلَلَ وَلِينُوا فِي أَيْدِي إِخْوَانِكُمْ وَلَا تَذَرُوا فُرُجَاتٍ لِلشَّيْطَانِ وَمَنْ وَصَلَ صَفّاً وَصَلَهُ اللَّهُ تَبَارَكَ وَتَعَالَى وَمَنْ قَطَعَ صَفّاً قَطَعَهُ اللَّهُ»

Haltet die Reihen aufrecht, denn ihr reiht euch wie die Reihen der Engel. Stellt die Schultern geordnet aneinander, schließt die Lücken und passt euch geschmeidig euren Brüdern an. Lasst keinen Abstand für den Teufel übrig. Wer eine Reihe verbindet, zu dem baut Allah, der Erhabene und Gewaltige, eine Verbindung auf. Und wer eine Reihe unterbricht, mit dem bricht Allah.

Mit dieser Ausführung hat der Gesandte Allahs die Form des Gemeinschaftsgebets vollständig beschrieben. Auch die Prophetengefährten, möge Allah an ihnen Wohlgefallen haben, pflegten dies einzuhalten. So berichtet Mālik im „al-Muwaṭṭaʾ“ und al-Baihaqī in „as-Sunan al-kubrā“, dass ʿUmar ibn al-Ḫaṭṭāb (r) stets befahl, die Reihen zu ordnen. Sobald man zu ihm kam und ihm mitteilte, dass die Reihen geordnet seien, vollzog er den takbīr.

Drittens: Hier darf nicht behauptet werden, dass die ansteckende Krankheit eine Entschuldigung (ʿuḏr) darstelle, die das Abstandhalten im Gebet erlaube. Das kann deshalb nicht behauptet werden, weil die ansteckende Krankheit eine Entschuldigung für das Fernbleiben von der Moschee ist, aber nicht dafür, zum Gebetsnachbarn ein oder zwei Meter Abstand zu halten. So ist es zur Zeit des Gesandten Allahs zu ansteckenden Krankheiten (der Pest) gekommen. Es wird jedoch vom ihm nicht berichtet, dass der an der Pest Erkrankte zum Gebet gehen und zwei Meter Abstand zu seinem Nachbarn halten soll. Vielmehr ist er entschuldigt und soll zu Hause beten. Auch muss das Gebiet, in welchem sich die Krankheit ausbreitet, vom Staat ernsthaft und intensiv medizinisch behandelt werden, und zwar kostenlos, wobei es von den gesunden Gebieten isoliert wird... So berichtet Muslim in seinem „Ṣaḥīḥ“ in geschlossener Kette von Usāma ibn Zaid, der sagte: Es sprach der Gesandte Allahs :

«الطَّاعُونُ آيَةُ الرِّجْزِ ابْتَلَى اللَّهُ عَزَّ وَجَلَّ بِهِ نَاساً مِنْ عِبَادِهِ، فَإِذَا سَمِعْتُمْ بِهِ فَلَا تَدْخُلُوا عَلَيْهِ وَإِذَا وَقَعَ بِأَرْضٍ وَأَنْتُمْ بِهَا فَلَا تَفِرُّوا مِنْهُ»

Die Pest ist eine Strafe, mit der Allah, der Erhabene und Gewaltige, Leute unter Seinen Dienern prüft. Wenn ihr von ihr hört, so geht nicht hin, und wenn sie in einem Land ausbricht, in dem ihr euch befindet, so flüchtet nicht davor. D. h., derjenige, der an einer ansteckenden Krankheit erkrankt ist, soll den Kontakt zu Gesunden meiden, wobei er mit Allahs Erlaubnis effizient und umfassend behandelt werden muss. Der Gesunde hingegen soll in die Moschee gehen und wie gewohnt das Freitags- und Gemeinschaftsgebet ohne Abstand verrichten.

Viertens: Ebenso kann nicht behauptet werden, dass von der Erleichterung (ruḫṣa), bei Krankheit sitzend beten zu dürfen, eine Analogie auf das Abstandhalten beim Gebet im Falle einer Epidemie gezogen werden darf. Dies wäre nämlich keine islamrechtlich gültige Rechtsanalogie, denn der Kranke darf als Erleichterung, die ihm von Allah (t) gewährt wurde, sitzend beten, weil er durch die Krankheit entschuldigt ist. Entschuldigungen gelten aber als Anlässe bzw. Auslöser (asbāb) für die Rechtssprüche und nicht als deren Rechtsgründe (ʿilal). Denn das islamische Recht hat sie nicht begründet, vielmehr hat es jede Entschuldigung (ʿuḏr) allein für den Rechtsspruch gelten lassen, für den sie ergangen ist, und für keinen anderen. Sie gilt also spezifisch für den einen Rechtsspruch, mit dem sie verknüpft ist, und stellt keine generelle Entschuldigung für jeden Rechtsspruch dar, weil sie keinen Kausalaspekt (wağh al-ʿillīya) beinhaltet und daher keine Analogie daraus gezogen werden kann. Der Anlass (sabab) gilt also spezifisch für den Rechtsspruch, den er hervorgerufen hat, und darf nicht auf andere übertragen werden. Man kann also keine Analogie daraus ziehen. Dies im Unterschied zum Rechtsgrund (ʿilla), der nicht spezifisch für den Rechtsspruch gilt, der um seinetwillen erlassen wurde, sondern auf andere übertragbar ist und Analogien daraus gezogen werden können. Daraus wird klar, dass das, was zu den gottesdienstlichen Handlungen (ʿibādāt) ergangen ist und einen Anlass, aber keinen Rechtsgrund darstellt, den Gottesdienst zu etwas macht, das durch die Offenbarung bestimmt wird (tauqīfī). Es darf juristisch nicht begründet und keine Rechtsanalogie kann daraus gezogen werden, da der Anlass (sabab) spezifisch für den Rechtsspruch gilt, den er veranlasst hat.

Fünftens: Zudem zählt die Erleichterung (ruḫṣa) zu den legislativen Normen des Rechtszustands (waḍʿ). Sie ist die Ansprache des Gesetzgebers bezüglich der Handlungen der Menschen und betrifft deren juristische Zustandsbeschreibung (waḍʿ). Nachdem sie selbst eine Ansprache des Gesetzgebers bildet, muss auch ein islamischer Rechtsbeleg existieren, der sie bestätigt. Beispielsweise ist zum sitzenden Gebet des Kranken ein Hadith ergangen. So berichtet al-Buḫārī in seinem „Ṣaḥīḥ“ in geschlossener Kette von ʿImrān ibn Ḥaṣīn (r), der sagte: Ich litt unter Hämorrhoiden und fragte den Propheten nach dem Gebet. Er antwortete:

«صَلِّ قَائِماً فَإِنْ لَمْ تَسْتَطِعْ فَقَاعِداً، فَإِنْ لَمْ تَسْتَطِعْ فَعَلَى جَنْبٍ»

Bete stehend! Wenn du es nicht vermagst, dann sitzend. Und wenn du das auch nicht vermagst, dann auf der Seite. Hierbei handelt es sich um eine Erleichterung (ruḫṣa), d. h. um eine Entschuldigung (ʿuḏr), für die ein islamischer Rechtsbeleg existiert. Und alles, wofür ein Rechtsbeleg vorhanden ist, der bestätigt, dass es sich um eine Entschuldigung handelt, gilt auch als solche. Wofür jedoch kein Rechtsbeleg existiert, hat keine Relevanz und gilt keinesfalls als islamrechtliche Entschuldigung. Nachdem kein Rechtsbeleg vorhanden ist, der dem Kranken erlaubt, in seinem Gebet einen Abstand von ein oder zwei Metern zu seinem Nachbarn zu halten, hat diese Behauptung islamrechtlich keinerlei Bedeutung und ist unzulässig... Wie dann, wenn die Person gar nicht krank ist, sondern eine Erkrankung lediglich befürchtet?

Sechstens: Das Erwähnte kann wie folgt zusammengefasst werden:

1. Die Veränderung der Vollzugsform, die der Gesandte für das Gebet dargelegt hat, gilt als bidʿa. Der islamische Rechtsspruch in so einem Fall lautet hingegen, dass die körperlich Gesunden das Gebet wie gewohnt in geschlossenen Reihen verrichten, ohne dabei Lücken zuzulassen, und der an einer ansteckenden Krankheit Erkrankte soll dem Gebet fernbleiben, um andere nicht anzustecken.

2. Wenn der Staat die Moscheen schließt und den gesunden Menschen damit verbietet, die Moscheen für das Freitags- und Gemeinschaftsgebet aufzusuchen, dann hat er durch die Unterbindung des Freitags- und Gemeinschaftsgebets eine schwere Sünde auf sich geladen. Die Moscheen sollten für das Gebet weiter offenbleiben, wie es der Gesandte dargelegt hat.

3. Wenn der Staat den Betenden den Vollzug des Gebets in der Form verbietet, die der Gesandte Allahs beschrieben hat, und sie aus Angst vor Ansteckung zwingt, ein oder zwei Meter Abstand untereinander einzuhalten, insbesondere wenn keinerlei Krankheitssymptome vorhanden sind, dann hat er gleichermaßen eine schwere Sünde begangen.

So sieht nach meiner überwiegenden Meinung der islamische Rechtsspruch in dieser Frage aus, und Allah ist wissender und weiser. Ich bitte den Erhabenen, die Muslime in ihrer Angelegenheit auf den rechtesten Weg zu führen, auf dass sie Ihn so anbeten, wie Er es anbefohlen hat, und dass sie die Vorgaben Seines Gesandten einhalten und durch die Gründung des Rechtgeleiteten Kalifats die wahrhafte Gesetzgebung ohne Abweichung etablieren. Denn wahrlich, darin liegt das Gute, und darin liegt der Sieg, der uns mit der Erlaubnis Allahs, Dem sich nichts auf Erden und nichts im Himmel entziehen kann, beschert wird. Und Er ist der Gewaltige, der Weise.

Was-salāmu ʿalaikum wa raḥmatullāhi wa barakātuh

Euer Bruder

17. Šauwāl 1441 n. H.

08.06.2020 n. Chr.

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