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بسم الله الرحمن الرحيم
Im Namen Allahs des Allerbarmers des Barmherzigen
Antwort auf eine Frage
Die russische Invasion in der Ukraine, ihre Dimensionen und Auswirkungen
Frage:
Alle Zeichen deuten darauf hin, dass die aktuelle Ukraine-Krise eigentlich eine Krise zwischen Russland und dem Westen ist und nicht nur ein Streit zwischen der Ukraine und Russland. Manche vergleichen es mit der stückweisen Besetzung der Tschechoslowakei durch Nazideutschland im Jahr 1939 und dann Polens, bis es zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam. Könnte der Angriff Russlands am 24.02.2022 auf die Ukraine, der bis jetzt andauert, zu einem Weltkrieg führen? Sind die Reaktionen aus Amerika und Europa, Sanktionen ohne militärisches Eingreifen zu verhängen, diesem Angriff angemessen? Oder soll Russland damit schrittweise in den ukrainischen Sumpf gezogen werden, um schließlich dort unterzugehen? Und wenn ja, welchen Zweck hat das? Im Voraus dankend!
Antwort:
Um das Bild bezüglich dieser Fragen zu verdeutlichen, führen wir folgende Punkte an:
Erstens: Die vergangenen Tage haben zweifellos bewiesen, dass der russische Präsident an Größenwahn leidet und glaubt, unter den gegenwärtigen internationalen Umständen Russlands internationalen Status als Supermacht neben den USA wiederherstellen zu können. Er kritisiert scharf den unangemessenen Umgang des Westens mit Russland ebenso wie die Marginalisierung seines Landes in internationalen Fragen. Zudem kritisiert er das Vorrücken der Nato in Richtung Osten und fordert die Schließung der amerikanischen Militärstützpunkte in den Ländern, die der Nato nach 1997 beigetreten sind, d. h. Polen, Rumänien und andere osteuropäische Staaten. Was auf Putins Größenwahn hinweist, ist Folgendes
1. Putin empfing die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs und des Iran auf diplomatisch ungebührliche Weise ebenso wie kurz davor den Präsidenten der Türkei. Einige von ihnen mussten eine Weile in Hallen voller Symbole russischer Sieger auf ihn warten. Der russische Sicherheitsdienst verlangte von Frankreichs Präsident Macron bei seiner Ankunft am Flughafen, einen Corona-Test durchführen zu lassen. Putin saß in einem Abstand von sechs Metern von ihnen entfernt, während er dies bei den Präsidenten von Kasachstan und Belarus nicht tat, die ihn im gleichen Zeitraum besuchten. Dem deutschen Bundeskanzler bedeutete er, hinter ihm zu laufen, als sie den Pressesaal verließen!
2. Nach Putins unverblümter und unmissverständlicher Ansicht sei die Ukraine kein Staat. Vielmehr habe ihr Russland Gebiete von seinem Territorium gegeben, um einen Staat zu bilden. Russland habe sie zudem über Jahrzehnte mit 150 Milliarden Dollar unterstützt. Putin beschrieb die ukrainische Führung als Leute, die die Macht in Kiew besetzt halten. All dies deutet darauf hin, dass er in der eurasischen Region (der Zusammenfluss von Europa und Asien) nichts anderes sieht als Russland. Diese Sicht auf Eurasien und die zentrale Stellung Russlands darin haben Putin auch dazu animiert, Streitkräfte aus den Staaten der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) in Kasachstan einzusetzen, um die dortigen Aufstände, die Anfang 2022 entbrannten, unter Kontrolle zu bringen.
3. Putin scherte es nicht, sämtliche europäische Länder zu brüskieren, als er Sicherheitsgarantien für Russland von den USA in Europa forderte, trotz der umfangreichen Kritik von französischer Seite und von einigen anderen Ländern, die forderten, dass die Sicherheit Europas zuallererst in den Händen Europas liegen sollte. Putin tat dies, weil er sich auf Augenhöhe mit den USA sieht und nicht mit den europäischen Staaten. Als Macron während seines Besuchs in Russland anbot, zu vermitteln, antwortete Putin, Frankreich führe die Nato nicht.
Zweitens: Der Kreml gab in einer Erklärung bekannt, dass der russische Präsident Putin seinem französischen Amtskollegen Macron am 28. Februar 2022 in einem zwischen ihnen geführten Telefongespräch die Bedingungen Russlands für die Beendigung des Krieges mitgeteilt habe, die da lauten: „Anerkennung der Souveränität Russlands über die Krim, Entmilitarisierung des ukrainischen Staates, dessen Entnazifizierung und die Garantie seiner Neutralität. (France Press, 28.02.2022) Wir hatten bereits in einer Antwort vom 22.12.2021 Folgendes erwähnt:
Die aktuelle Krise zeigt, dass Russland das Ziel verfolgt, dass erstens der Verbleib der Krim als Teil Russlands nicht in Frage gestellt wird. Vielmehr noch, will es diesen Umstand als vollendete Tatsache durch internationale und europäische Anerkennung durchsetzen. Das zweite Ziel besteht darin, den ostukrainischen Teil außerhalb ukrainischer Souveränität unter russische Herrschaft zu stellen. Und das dritte und entscheidendste Ziel ist, zu verhindern, dass die Ukraine der Nato beitritt, wofür Russland - insbesondere nach den gemeinsamen Militärübungen der Nato und der Ukraine im Schwarzen Meer - Garantien fordert.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hob dies nochmal hervor und sagte, dass die russischen Streitkräfte die militärische Sonderoperation in der Ukraine so lange fortsetzen würden, bis die gesetzten Ziele erreicht seien. Westliche Länder sollten aufhören, militärische Einrichtungen in Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die nicht Mitglieder der Nato sind, zu bauen. „Die westliche Welt benutzt das ukrainische Volk, um gegen Russland zu kämpfen. Das Wichtigste ist, Russland vor der militärischen Bedrohung durch westliche Länder zu schützen.“ (Anadolu, 01.03.2022) Daher stellt diese Krise eine der größten globalen Krisen der jüngeren Zeit dar. Und es wird eine bittere Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen werden. Daher ist es eher unwahrscheinlich, dass Russland aufhören wird, solange es seine Ziele nicht erreicht hat, ansonsten wären die Verluste Moskaus verheerend. Ebenso ist es unwahrscheinlich, dass der Westen die gestellten Bedingungen akzeptiert. Daher hat sich angesichts der Schwere dieser Krise die aktuelle Lage zugespitzt, sodass sogar der Einsatz nuklearer Waffen angedroht wurde. So erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, dass „Präsident Wladimir Putin angeordnet habe, die strategischen Abschreckungskräfte der russischen Armee in eine klare und offene Kampfbereitschaft zu versetzen“. (TASS, 28.02.2022) Diese umfassen nukleare Defensiv- und nicht Offensivwaffen. Strategische Abschreckungskräfte werden nämlich in strategische Offensiv- und strategische Defensivkräfte unterteilt. Und vom russischen Verteidigungsministerium wurde mitgeteilt, dass es „die strategischen Raketentruppen, die Nord- und Pazifikflotte sowie die strategische Luftwaffe in Alarmbereitschaft“ versetzt habe. (Novosti, 28.02.2022) Russlands Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte noch einmal die russischen Forderungen und sagte: „Die Verwirklichung rechtsverbindlicher Sicherheitsgarantien seitens der Nato-Staaten ist von grundlegender Bedeutung für Russland.“ (TASS, 01.03.2022) Daher gibt es in diesem Fall von russischer Seite kein Abrücken von ihren Zielen, es sei denn, die Ukrainer zeigen anhaltenden, massiven Widerstand, wie ihn die afghanischen muğāhidūn in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts gegen die Sowjetunion gezeigt haben.
Drittens: Die amerikanische Position
Es war unverkennbar, dass die USA höchste Anstrengungen unternommen haben, um Russland mit List und Provokotion in den ukrainischen Sumpf zu locken:
1. Auf die russischen Forderungen nach Sicherheitsgarantien reagierten die Amerikaner nicht und arbeiteten darauf hin, Russland in einen Konflikt mit der Ukraine zu verwickeln. Sie sorgten dafür, dass die ukrainische Regierung Russland mit Angriffen in der ostukrainischen Region Donbass provozierte. Die Äußerungen Bidens verstärkten diese Provokationen zusätzlich. Dazu gehörte die Aussage Bidens auf einer Pressekonferenz vom 19.01.2022: „Meine Vermutung ist, er (Putin) wird einmarschieren. Er muss etwas tun. Russland wird zur Rechenschaft gezogen, wenn es einmarschiert. Es kommt darauf an, was es tun wird. Es ist eine Sache, wenn es sich um ein geringfügiges Eindringen handelt, das möglicherweise keinen hohen Preis hat, im Gegensatz zu einer groß angelegten Invasion.“ (CNN, 20.01.2022) Daraufhin sagte ein ukrainischer Regierungsvertreter, der namentlich nicht genannt wurde, gegenüber CNN: „Biden gibt dem russischen Präsidenten Putin grünes Licht, nach Belieben in die Ukraine einzudringen.“ Kiew sei „entsetzt“angesichts solcher Äußerungen!
2. Als die russische Militäroperation gegen die Ukraine startete, kündigte US-Präsident Biden an, Amerika werde nicht intervenieren, sollte Russland in der Ukraine eingreifen. Die USA würden jedoch intervenieren, wenn es Nato-Staaten angreifen würde. Es seien etwa 7.000 US-Soldaten nach Deutschland entsandt worden, teilte Biden weiter mit. Zuvor hatten die USA rund 5.000 US-Soldaten in Deutschland, Polen und Rumänien stationiert. Zudem kündigte er ein Sanktionspaket gegen Russland an. „Unsere Streitkräfte sind nicht nach Europa gegangen, um in der Ukraine zu kämpfen, sondern um unsere Nato-Verbündeten zu verteidigen und unsere Verbündeten im Osten zu beruhigen“, sagte Biden. (Aljazeera, 24.02.2022) Das bekräftigte er erneut in seiner Rede zur Lage der Nation: „Die Streitkräfte unseres Landes werden nicht in den Kampf gegen Russland ziehen, aber sie werden die russischen Streitkräfte daran hindern, nach Westen in Richtung anderer europäischer Länder vorzurücken. Sie werden jeden Zentimeter des Bodens jedes Nato-Mitgliedstaates verteidigen.“ (Aljazeera, 02.03.2022) Er kündigte die Sperrung des Luftraums der USA für russische Flugzeuge an ebenso wie es die EU und Kanada taten. Durch solche Äußerungen des US-Präsidenten hat sich Russland zu seiner Militäroperation in der Ukraine ermutigt gefühlt und sich dazu verführen lassen, sie fortzusetzen. Im Anschluss folgten auch Aussagen seitens der Nato. So sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 01.03.2022 bei einer Pressekonferenz mit dem polnischen Präsidenten in der Hauptstadt Warschau: „Die Nato wird keine Partei dieses Konflikts sein. Aber sie wird der Ukraine jede Art der militärischen Unterstützung zukommen lassen. Kein Soldat wird dorthin geschickt. Das Bündnis dient der Verteidigung und sucht keine Konfrontation mit Russland. Wir versuchen, der Ukraine so viel wie möglich zu helfen, und die Nato-Verbündeten haben Russland einen hohen Preis auferlegt.“ (Anadolu, 01.03.2022) Damit gab er exakt die amerikanische Meinung wider.
3. Die USA gingen mit Russland in provokativer Weise um. So sah Russland einem Treffen zwischen dem Außenminister Lawrow und seinem amerikanischen Amtskollegen Blinken entgegen, das für den 21.01.2022 angesetzt war. Doch Blinken sagte den Besuch ab. US-Außenminister Anthony Blinken teilte am gestrigen Dienstag mit, dass er das geplante Treffen zwischen ihm und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow abgesagt habe, nachdem Moskau die beiden separatistischen Regionen in der Ostukraine anerkannt und Streitkräfte dorthin geschickt habe. Blinken erklärte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba in Washington: „Jetzt, da wir gesehen haben, dass die Invasion begonnen hat und Russland jede diplomatische Option klar abgelehnt hat, macht es überhaupt keinen Sinn, dass wir uns im Moment treffen.“ (Al-Bayan, 23.02.2022) Damit galt das Treffen als gescheitert, noch bevor es stattfinden konnte, was eine Provokation für Moskau war. Dem folgten wiederholt provozierende Warnungen von amerikanischer Seite vor einer russischen Invasion in der Ukraine, während Russland abstritt, die Ukraine angreifen zu wollen. Alles, was aus Washington an Statements kam, stellte daher eine Provokation für Russland dar, so, als wollten die USA Russland geradezu zu einer Invasion der Ukraine animieren. Das steigerte sich noch mit der mehrfachen Ankündigung der USA, sich keinesfalls auf einen Krieg in der Ukraine einzulassen, da es sich um kein Nato-Mitgliedsstaat handele. Gleichzeitig erhöhte Amerika die Lieferungen neuer Waffen an die Ukraine, die tagtäglich von US-Flugzeugen transportiert wurden, ebenso wie amerikanische Stinger- und Panzerabwehr-Raketen!
4. Immer öfter sprachen die USA von einer bevorstehenden russischen Invasion, was auf Geheimdienstinformationen beruhe, wodurch das globale Gefühl einer drohenden Gefahr verstärkt wurde. Fast stündlich erwartete jeder angesichts der Äußerungen, die sowohl von Biden als auch von seinen Außen- und Verteidigungsminstern sowie ihren Sprechern und sogar von der amerikanischen Presse kamen, die russische Invasion. Das Kriegsrisiko für die Ukraine wurde von US-Seite sogar noch dadurch verstärkt, dass sie beschlossen, ihre Mitarbeiter der OSZE-Mission in der zwischen der Ukraine und den prorussischen Separatisten umstrittenen Donbass-Region abzuziehen. Diese US-Mitarbeiter sind Teil der europäischen Sonderbeobachtermission. Russland empfand den Abzug als große Gefahr. So betonte die russische Außenamtssprecherin Sacharowa: „Einige Staaten haben beschlossen, ihre an der Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine beteiligten Mitarbeiter aufgrund der Verschlechterung der Sicherheitslage, zu verlegen.“ Sacharowa ergänzte, dass diese Entscheidungen „uns nur ernsthaft beunruhigen“ und warnte davor, „die Mission absichtlich in eine von Washington angeheizte militärische Hysterie zu ziehen und sie als Instrument für eine mögliche Provokotion zu missbrauchen.“ (Sada al-Balad, 13.02.2022) Das heißt, Russland hat womöglich wahrgenommen, dass die USA den hochbrisanten Konflikt im Donbass anheizen wollten - ein Konflikt, der seit 2015 auf Eis lag.
5. Die zunehmenden amerikanischen Provokationen gegenüber Russland fielen mit der Mitteilung Amerikas zusammen, dass Gas für den europäischen Kontinent als Ersatz für russisches Erdgas so gut wie gesichert sei, da erwartet werde, dass von russischer Seite der Gashahn zugedreht wird bzw. ukrainische Versorgungsleitungen vom Krieg betroffen sein würden. Das bedeutet, Russland würde des europäischen Marktes beraubt und Alternativen in Form amerikanischen und katarischen Erdgases geschaffen werden ebenso wie man Gas von Importeuren aus Asien beziehen könnte, insbesondere von den Japanern, die Gasterminkontrakte (Futures) halten. Und das Ganze findet vor dem Hintergrund des abklingenden Winters und des nahenden Frühlings statt, wenn der Bedarf nach Erdgas ohnehin zurückgeht. Ferner kam es im äußersten Osten Russlands zu einem Zwischenfall, der hochgradig gefährlich war. So meldete das russische Militär, dass ein amerikanisches Atom-U-Boot in russische Hoheitsgewässer in der Nähe der Kurilen-Inseln eingedrungen sei und nicht auf russische Warnungen reagiert habe. Russische Schiffe hätten dann „angemessene Maßnahmen ergriffen“, um es zum Rückzug zu zwingen. Die Prozedur, das U-Boot außerhalb russischer Gewässer zu drängen habe drei Stunden gedauert. Bei den Kurilen handelt es sich um japanische Inseln, die während des Zweiten Weltkriegs von Russland besetzt wurden und noch heute von Japan beansprucht werden. Und weil Russland auf Japans Forderungen nicht reagiert, hat Tokio seit 1945 kein Waffenstillstandsabkommen mehr mit Russland unterzeichnet, was bedeutet, dass sich Japan seit 1945 offiziell im Kriegszustand mit Russland befindet. Damit könnte die Angst Russlands vor den USA zugenommen haben. Wird es also dazu kommen, dass Amerika Japan dazu drängen wird, die Kurilen zu besetzen?
6. Und so werden die Dinge in Richtung Provokation und Eskalation weiterschreiten. Schritt für Schritt wird es so lange weitergehen, bis Russland tief im ukrainischen Morast versunken ist. Bis dahin werden sich die Provokationen von amerikanischer ebenso wie von britischer Seite fortsetzen, denen sich auch die Europäer angeschlossen haben. So hat etwa Deutschland Nordstream 2 gestoppt. Die USA werden Russland weiterhin dazu verführen, den Krieg in der Ukraine fortzusetzen. Denn sie drohen Russland nicht auf wirklich effektive Weise, sondern begnügen sich lediglich mit der Absicht, Sanktionen zu verhängen. Auch nannte US-Außenminister Blinken die russischen Militärvorbereitungen einen Auftakt zu einer „erfolgreichen“ Invasion der Ukraine! Dies von einer Seite. Auf der anderen Seite haben die Rufe der Ukraine nach einem Nato-Beitritt zugenommen ebenso wie die Forderungen an den Westen, mehr Waffen zu liefern, was das Gefahrenpotential für Russland immer weiter erhöhte und auch die Gefahrenentwicklung beschleunigte. Und das setzte sich so lange fort, bis es für Russland nur noch einen Ausweg gab, um die Sicherheitsrisiken in Bezug auf die Ukraine zu überwinden: einzumarschieren und Krieg zu führen, um dann im Sumpf zu versinken. Und genau das wollen die USA, die die Ukraine gerade in ein Fallensystem für Russland verwandelt. Und es sieht nicht danach aus, dass Russland derzeit in der Lage wäre, diese Entwicklung zu stoppen, nachdem es sich in den Stricken seines eigenen törichten Planes verfangen hat!
Viertens: Die europäische Position
Es sei „ein schwarzer Tag für Europa“, sagte der Hohe Vertreter der Europäischen Union, Josep Borrell, am 22.02.2022. Es war der Tag, an dem Russland die Republiken Donezk und Luhansk anerkannte. Großbritanniens Premierminister Johnson sagte vor einigen Tagen, man sei in einen neuen strategischen Wettbewerb mit Russland eingetreten, der sich über eine ganze Generation erstrecken könne. All das lässt die Tür für sämtliche Optionen offen, von denen die nukleare Bedrohung nicht ausgeschlossen ist.
Trotzdem hat Europa versucht, die Lage zu deeskalieren und eine Einigung mit Russland zu erzielen. So haben die Staats- und Regierungschefs Deutschlands und Frankreichs das Gespräch mit dem Kreml gesucht. Der französische Präsident Emmanuel Macron reiste nach Moskau, und er telefonierte mehrmals mit Putin, zuletzt nach Beginn des russischen Militäreinsatzes in der Ukraine. Aus dem Elysée-Palast wurde verlautet, dass Macron „in dem Gespräch, die Forderung der internationalen Gemeinschaft wiederholte, den russischen Angriff auf die Ukraine zu stoppen, und er bekräftigte, dass ein sofortiger Waffenstillstand in Kraft treten solle, alle Angriffe und Attacken auf Zivilisten und ihre Wohngebiete eingestellt sowie die ganze zivile Infrastruktur und die Straßen geschützt werden müssten, insbesondere jene südlich der Hauptstadt Kiew.“ (France Press, 28.02.2022) Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der ebenfalls Moskau besuchte und mit Putin sprach, sagte von dort aus: „Für uns Deutsche, aber auch für alle Europäer ist klar, dass nachhaltige Sicherheit nicht gegen Russland, sondern nur mit Russland erreicht werden kann(…) Deshalb muss es möglich sein, eine Lösung zu finden, so schwierig und ernst die derzeitige Lage auch scheint.“ (RT, 15.02.2022) Trotzdem ist Europa – so, wie es die USA wollten - durch die Ukraine-Krise in die Klemme geraten. Die Europäer waren nun zur Erklärung genötigt, sich komplett auf die Seite der Ukraine zu stellen und das Land mit militärischem Gerät und High-Tech-Waffen zu unterstützen. Auch wurden Sanktionen gegen Russland in den unterschiedlichsten Bereichen verhängt, und zwar in der Dimension eines umfassenden Krieges, ohne aber Truppen zu entsenden. Bundeskanzler Olaf Scholz sprieb am 26.02.2022 auf seinem Twitter-Account: „Der russische Überfall markiert eine Zeitenwende. Er bedroht die Ordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurde. (…) In dieser Situation ist es unsere Pflicht, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen bei der Verteidigung gegen die Invasionsarmee von Putin.“ Deutschland beschloss, 1.000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ Stinger zu liefern. Im Deutschen Bundestag erklärte Scholz: „Aber mit dem Überfall auf die Ukraine sind wir in einer neuen Zeit. Wir werden von nun an - Jahr für Jahr -mehr als 2% des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.“ Deutschland werde in diesem Jahr 100 Milliarden Euro in militärische Ausrüstung investieren. Das Ziel sei eine starke, moderne und fortschrittliche Armee, „die uns zuverlässig schützen kann.“ (France Press, 27.02.2022) Nach dem russischen Militäreinsatz kündigte Scholz an, die Arbeiten an der Gaspipeline Nordstream 2, die von Russland über die Ostsee nach Deutschland führt, einzustellen. EU-Außenbeauftragter Josep Borrell erklärte am 27.02.2022, dass „die Union beschlossen hat, der Ukraine militärische Hilfe zu leisten, einschließlich Waffen im Wert von 450 Millionen Euro und Schutzausrüstung in der Höhe von 50 Millionen Euro, die aus dem Fond der Europäischen Friedensfazilität sowie aus dem zwischenstaatlichen Fond finanziert werden soll.“ (Anadolu, 28.02.2022) Bei einer Dringlichkeitssitzung der Europäischen Union in Brüssel sagte Europaratspräsident Charles Michel: „Die Sanktionen werden sich auch auf uns auswirken, aber dies ist ein Preis, den wir der Verteidigung unserer Freiheit schulden.“ EU-Außenminister Josep Borrell betonte: „Dies ist ein Moment, in dem das geopolitische Europa geboren wird. Die Katastrophe, mit der Europa heute konfrontiert ist, zwingt es mehr denn je, sich zu vereinen und zusammenzuarbeiten.“ EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte: „Das Schicksal der Ukraine steht auf dem Spiel, aber es geht auch um unser eigenes Schicksal.“ (Aljazeera, 01.03.2022) Wir sehen also, dass Europa in diesen Krieg hineingeritten wurde. Einen Krieg, der den Friedenszustand, in dem Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs lebte, zunichte gemacht hat und durch den nun Europa der russischen Bedrohung ausgesetzt ist. Abgesehen davon trägt es immense wirtschaftliche Verluste davon, da es Energieressourcen, nämlich Gas und Öl, verloren hat. So bezieht die EU etwa 40% ihres Erdgases und 27% ihres Öls aus Russland. Die USA möchten, dass sich Europa ihnen zuwendet, damit es von ihrem Gas, das extrem teuer ist und eine mindere Qualität aufweist, abhängig wird. Schließlich hätte die Pipeline Nordstream 2 ein Drittel des externen Bedarfs Europas gedeckt und zu Kosten, die etwa 25% niedriger sind. Putin erklärte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Scholz während ihres jüngsten Treffens in einem gönnerhaften Ton gegenüber den Deutschen: „Der deutsche Verbraucher, der Industrieverbraucher, der Haushaltsverbraucher bekommt Gas aus Russland, dessen Preis um den Faktor fünf niedriger ist (als der aktuelle Preis). Der deutsche Bürger sollte in seinen Geldbeutel blicken und sich die Frage beantworten, ob er bereit ist, das drei- oder fünffache für die Wärme zu zahlen. Wenn er das nicht machen will, dann soll er Herrn Schröder danken, der das Projekt Nordstream 1 unterstützt hat, durch das Deutschland etwa 55 Milliarden Kubikmeter Gas erhält und dieses Gas durch langfristige Verträge bereitgestellt wird.“ (RT, 15.02.2022) Putin erwähnte auch, dass Deutschland 60% des russischen Marktes halte. Und er tut dies nur, um Europa einen Anreiz zu geben, mit Russland zu kooperieren, damit es sich nicht auf die Seite Amerikas und gegen Russland stellt. Auch sicherte er den Europäern zu, dass Russland keine Ambitionen in Europa habe, um damit selbst von Seiten Europas sicher zu sein.
Fünftens: Die Position Chinas
China rückte in dieser Angelegenheit sehr eng an Russland heran und stärkte Moskau den Rücken, indem Peking erklärte, die westlichen Länder sollten die russischen Sicherheitsbedenken ernst nehmen. Zur Mobilisierung internationaler Unterstützung für Russlands Politik gegenüber der Ukraine reiste Präsident Putin nach Peking (anlässlich der olympischen Winterspiele) und traf sich am 02.02.2022 mit dem chinesischen Präsidenten. In einer vom chinesischen Staatschef und seinem russischen Amtskollegen unterzeichneten Erklärung, teilte China mit, dass es gegen einen Nato-Beitritt der Ukraine sei. Beide Staaten erklärten die Einheitlichkeit ihrer Position gegenüber der amerikanischen Hegemonie und forderten Multipolarität. Von beiden Staatsführern hieß es, dass eine neue Ära in den internationalen Beziehungen eingeleitet worden sei. Sie unterzeichneten umfangreiche Verträge zu chinesischen Investitionen in russisches Gas und Öl und der Erhöhung des Handelsvolumens zwischen den beiden Staaten auf 200 Milliarden Dollar. Dennoch scheint China abzuwarten, wie sich die Dinge für Russland in der Ukraine entwickeln und ob Peking einen ähnlichen Schritt zur Annexion Taiwans unternehmen könnte. In China wurden bereits Stimmen laut, dass „es die günstigste Gelegenheit“ sei, Taiwan „zurückzugewinnen“. Dies war auf der chinesischen Version von Twitter zu lesen. Auch lehnte China den Einsatz von Sanktionen gegen Russland ab, um im Falle einer gewaltsamen Einnahme Taiwans nicht ähnlichen Maßnahmen gegenüberzustehen. Zudem verzichtete die Volksrepublik auf ein Veto gegen den Resolutionsentwurf zur Verurteilung der russischen Aggression. Von seinem Vetorecht machte China keinen Gebrauch, um einer westlichen Kampagne gegen sich vorzubeugen. Es entstand der Eindruck, dass China Russland nicht unterstützen würde, als es kein Veto gegen den Resolutionsentwurf zur Verurteilung Russlands einlegte, wobei es Russland wegen der Invasion der Ukraine aber auch nicht kritisierte, sondern den Amerikanern die Schuld gab. Gleichzeitig aber erklärte China, dass es die Prinzipien der Souveränität und der territorialen Integrität respektiere. In einem Telefongespräch mit seinem ukrainischen Amtskollegen sagte Chinas Außenminister Wang Yi: „Angesichts der aktuellen Krise fordert China Russland und die Ukraine auf, eine Lösung des Problems auf dem Verhandlungsweg zu finden, und es unterstützt alle konstruktiven internationalen Bemühungen, die einer politischen Lösung förderlich sind.“ (Tass, 01.03.2022) Der chinesische Außenminister teilte die Einwände seines Landes gegen die Sanktionen mit, indem er betonte: „Nicht nur, dass China keine Sanktionen als Mittel zur Lösung von Problemen unterstützt, vielmehr stellt es sich noch vehementer gegen einseitige Sanktionen, die keine Grundlage im internationalen Recht haben.“ (Tass, 27.02.2022)
Sechstens: Fazit
1. Die USA waren „erfolgreich“ darin, Russland in eine vollständige bzw. fast vollständige Invasion der Ukraine hineinzureiten. Russland wird dadurch für Jahre sowohl mit lokalen Spannungen als auch mit politischen, ökonomischen und möglicherweise auch mit militärischen Erschütterungen konfrontiert sein. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich Russland mit der Besetzung der Ostukraine zufriedengibt oder ob es darüberhinaus größere Gebiete der Ukraine ganz oder teilweise okkupiert. Und es ist nicht auszuschließen, dass dies den Verbleib Putins an der Macht beeinträchtigen könnte.
2. Ebenso wird die Position Russlands auf internationaler Bühne ins Wanken geraten, wenn nicht sogar ganz zusammenstürzen! So hat sich unter amerikanischem und dann auch europäischem Druck die internationale Kampagne ausgeweitet, Russland als Aggressor hinzustellen, der souveräne Staaten angreift. Dabei vergessen Europa und die USA ihre eigenen zahllosen Überfälle auf souveräne Staaten in Asien und Afrika – oder geben vor, es zu vergessen. All diese Staaten – Russland, die USA und Europa – entspringen nämlich demselben Quell. Menschenleben haben für sie keinen Wert!
3. Was die oben gestellte Frage betrifft, ob der Angriff zu einem dritten Weltkrieg führen könnte, wie im Falle des Zweiten Weltkriegs nach dem Angriff Nazi-Deutschlands auf die Tschechoslowakei und ihrer Besetzung Stück für Stück im Jahr 1939, so sieht die Sache etwas anders aus. Denn der Ausbruch eines solchen Krieges wäre untrennbar an einen nuklearen Krieg geknüpft, da diese Staaten über Atomwaffen verfügen. Doch vor dem Einsatz solcher Waffen würden sie tausendmal überlegen, nicht weil es anderen damit Zerstörung bringt – das zählt bei ihnen nicht -, sondern weil es sie selber treffen könnte. Schließlich besitzen sie keinerlei Werte, außer das, was ihnen Nutzen bringt, auch wenn es anderen schadet! Aljazeera veröffentlichte am 03.02.2022 ein Interview mit Lawrow, dem russischen Außenminister. Als Antwort auf die Frage über die Gefahr eines dritten Weltkrieges sagte er, dass die Führer der fünf ständigen Mitglieder eine Erklärung unterzeichnet hätten, dass es zu keinem Weltkrieg kommen dürfe. Denn dann wäre es ein nuklearer Krieg, in dem es keine Sieger gäbe. Lawrow wies darauf hin, dass es US-Präsident Joe Biden war, der sagte, dass die Sanktionen gegen Russland die einzige Alternative zu einem dritten Weltkrieg seien. Doch Lawrows Staat sieht kein Hindernis darin, ein Atomkraftwerk zu bombardieren, solange der daraus resultierende Schaden weit entfernt von ihm und nahe anderer ist! Dazu veröffentlichte Aljazeera am heutigen Tage die folgende Nachricht: Das prägnanteste Ereignis erlebte das Atomkraftwerk in der Stadt Zaporizhzia. Die Ukraine sprach von russischen Bombenangriffen, die zu Bränden führten, welche später unter Kontrolle gebracht werden konnten. Nach ukrainischen Angaben führte es jedoch zu Todesopfern unter den Arbeitern. Das russische Verteidigungsministerium hingegen machte die ukrainischen Streitkräfte dafür verantwortlich. (Aljazeera,04.03.2022)
4. Das sind die Großmächte in der Welt von heute - Raubtiere! Der Starke frisst dabei den Schwachen. Und wenn um Hilfe gerufen wird, ist kein Helfer da. Die Geschichte wiederholt sich. Der Kampf der Großmächte von heute ist eine Wiederholung des Kampfes zwischen den Persern und Römern von gestern. Und dieses Problem kann nur so gerichtet werden, wie es zum ersten Mal gerichtet wurde: Durch das Regieren mit dem, was Allah (t) herabgesandt hat und durch den ğihād auf dem Wege Allahs. So wird der Schwache beschützt und dem Unterdrückten widerfährt Gerechtigkeit. Und so wird das Kalifat zurückkehren, wie es uns der Gesandte Allahs (s) prophezeite:
«ثُمَّ تَكُونُ خِلَافَةً عَلَى مِنْهَاجِ النُّبُوَّةِ»
...sodann wird das Kalifat nach dem Plan der Prophetenschaft entstehen.
Der Starke wird dort schwach sein, bis das Recht von ihm eingeholt wird, wie es der rechtgeleitete Kalif Abū Bakr al-Ṣiddīq in Kanz al-ʿummāl fī sunan al-aqwāl wa l-afʿāl konstatierte. So wird von ʿAbdullāh ibn ʿAkīm berichtet, der sagte: Als Abū Bakr die baiʿa geleistet wurde, bestieg er die Kanzel und blieb eine Stufe unter jener stehen, auf der der Gesandte (s) zu sitzen pflegte. Dann sagte er: „Der Schwache unter euch ist bei mir der Stärkste, bis ich sein Recht für ihn eingeholt habe. Und der Starke unter euch ist bei mir der Schwächste, bis ich das Recht von ihm eingeholt habe.“ Auf diese Weise wird das Gute sich in der Stätte des Islam ausbreiten.
(وَيَوْمَئِذٍ يَفْرَحُ الْمُؤْمِنُونَ * بِنَصْرِ اللَّهِ يَنْصُرُ مَنْ يَشَاءُ وَهُوَ الْعَزِيزُ الرَّحِيمُ)
Und an jenem Tage werden die Gläubigen sich freuen - über den Sieg Allahs. Er verleiht den Sieg, wem Er will. Und Er ist der Erhabene, der Barmherzige. (30:4-5)