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H.  8 Muharram 1443 No: 83
M.  Montag, 16 August 2021

Stellungnahme

Sebastian Kurz begeht im Umgang mit den Muslimen einen historischen Fehler

Die Beziehung zwischen der islamischen Gemeinschaft und dem österreichischen Staat hat durch die Hasstiraden von Bundekanzler Sebastian Kurz einen neuen Tiefpunkt erreicht. Offensichtlich begnügt sich die Regierung in ihrem Kampf gegen das islamische Leben in Österreich nicht länger mit sterilen Gesetzestexten und populärwissenschaftlichen Abhandlungen, sondern geht nun dazu über, eine Bildsprache zu verwenden, die der NS-Rhetorik in nichts nachsteht. So bezeichnete Kurz in einem Interview die islamische Weltanschauung und ihre Rechtsnormen als kranke Ideologie, die er nicht in Europa haben möchte! Die Gegenüberstellung von kranker und gesunder Kultur, von entartetem und normalem Leben, diente schon einmal dazu, einen hemmungslosen Vernichtungswillen gegen eine religiöse Minderheit zu erzeugen. Schon einmal war es der gesunde Volkskörper den es gegen Schädlinge zu verteidigen galt, koste es was es wolle. Kanzler Kurz beschwört mit seiner gezielten Pogromrhetorik einen innergesellschaftlichen Kulturkampf herauf und versucht damit endgültig den Bruch mit der historischen Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaft aus dem Jahre 1912 herbeizuführen!

Bereits 2015 begann Sebastian Kurz, damals Außenminister und Integrationsbeauftragter der Regierung Faymann, seinen Kreuzzug gegen den Islam und legte mit der Einführung des neuen Islamgesetzes die Grundlage für eine repressive Assimilationspolitik. So schrieb das neu eingeführte Islamgesetz unabhängigen Moscheevereinen vor, sich unter das Kuratel der offiziellen Glaubensbehörde zu stellen, um sie durch zentralisierte Strukturen unter staatliche Kontrolle zu bringen und gemäß §4 Abs. 3 eine positive Grundeinstellung gegenüber Gesellschaft und Staat sicherzustellen. Was dies bedeutet, explizierte Sebastian Kurz selbst, als er von der Schaffung eines Islam europäischer Prägung sprach. In den Jahren darauf folgte eine ganze Kaskade von Gesetzesinitiativen, die auf die strukturelle und weltanschauliche Assimilation der in Österreich lebenden Muslime abzielte. So wurde im Jahr 2017 das „Integrations- und Antiverschleierungsgesetz“ verabschiedet, das Integrationsverpflichtungen für anerkannte Flüchtlinge […] und das Vollverschleierungsverbot in der Öffentlichkeit gesetzlich verankerte. Ebenso richtete sich das Gesetzespaket gegen die Verbreitung radikalen Gedankenguts, welches sich vor allem in salafistischen Koranverteilaktionen äußere. Basierend auf dem neuen Islamgesetz verkündete Sebastian Kurz dann im Jahr 2018 die Schließung von sieben Moscheen sowie die Ausweisung von zwei Imamen. Den nächsten Vorstoß stellte das 2019 beschlossene Kopftuchverbot für Volksschulen dar, das auf die soziale Integration von Kindern gemäß den lokalen Gebräuchen und Sitten sowie die Wahrung der verfassungsrechtlichen Grundwerte und Bildungsziele der Verfassung abzielte. Der Gesetzestext belegte unmissverständlich die Absicht, in den Sozialisierungsprozess von muslimischen Kindern und Jugendlichen einzugreifen, um dadurch eine Assimilation in die österreichische Kultur zu erzwingen. Durch die Einrichtung der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ im Jahre 2020 verlieh die Kurz-Regierung der bis dahin amorphen Islamfeindlichkeit Struktur und ging zu einer konkreten Feindbildkonstruktion über. Während der öffentliche Diskurs zuvor von unterschiedlichen Narrativen, Ressentiments und Gerüchten über Muslimen geprägt war, sollten nun „Experten“ damit beauftragt werden, den Begriff des politischen Islam übergeordnet und verbindlich zu definieren. Am 07. Juli 2021 wurde schließlich das umstrittene „Anti-Terror-Paket“ verabschiedet, durch das wesentliche Elemente der islamischen Weltanschauung kriminalisiert und sämtliche Strukturen der islamischen Kultusgemeinden unter Generalverdacht gestellt wurden. Durch Veränderungen im Strafrecht, der Strafprozessordnung, im Symbole-Gesetz, dem Islamgesetz sowie im Staatsbürgerschaftsgesetz verwandelte die Kurz-Regierung die Alpenrepublik in ein Gesinnungsregime, in dem all jene attackiert und verfolgt werden, die laut Verfassungsschutz (BVT) ein „Aufgehen“ (Assimilation) von Muslimen in dieser Gesellschaft zu verhindern versuchen.

All diese Maßnahmen belegen, dass es sich bei der Hasstirade von Sebastian Kurz nicht um eine verbale Entgleisung, sondern Kalkül handelt. Sowohl die Gesetzesinitiativen als auch die jüngste Pogromrhetorik sind Teil eines weitreichenden politischen Plans: Den Geist des Islamgesetzes aus dem Jahre 1912 und damit die weltanschauliche Autonomie der islamischen Minderheit in Österreich vollends zu beseitigen! Obwohl das damalige Gesetz auf den Regelungsbedarf im annektierten Bosnien-Herzegowina zurückging, stellte es in erster Linie auf die praktische Regelung des Zusammenseins ab und war nicht auf die weltanschauliche Zersetzung der islamischen Identität ausgelegt. So wurden den Lehren des Islams, seine[n] Einrichtungen und Gebräuche[n] Schutz gewährt und die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der islamischen Gemeinschaft auf die Grundlage der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung gestellt. Die Praktizierung des Islam fand lediglich dort ihre Grenzen, wo sie mit den hoheitsrechtlichen Ansprüchen und Gesetzen der K&K-Monarchie kollidierte. Auf diese Weise wurden sowohl die weltanschauliche Autonomie der Muslime, als auch der normative Charakter sowie die politische Dimension des Islam anerkannt. Dies wird einerseits durch den ursprünglichen Bezug auf die hanafitische Rechtsschule – also einer Struktur der islamischen Normenlehre – deutlich, andererseits geht das Islamgesetz auf die 1879 geschlossene Konvention mit dem Osmanischen Reich zurück, in dem die Unantastbarkeit des islamischen Bekenntnisses sowie die öffentliche Religionsausübung der in Bosnien-Herzegowina lebenden Muslime zugesichert wurden. Die österreichische Anerkennung des Islam geht daher ursprünglich auf ein zwischenstaatliches Übereinkommen zurück, das mit dem politischen Führer der Muslime – dem damaligen Kalifen Abdulhamid II. – geschlossen wurde. Zur unausgesprochenen Wahrheit gehört also, dass Österreich 1912 genau jenen Islam anerkannte, der von der heutigen Regierung als „politischer Islam“ dämonisiert und bekämpft wird!

Sebastian Kurz führt Österreich mit dieser Politik in ein neues Zeitalter, in dem das Existenzrecht islamischen Lebens faktisch zur Disposition steht. Besonders perfide ist dabei die stetige Schutzbehauptung des Kanzlers, seine Politik stünde in der Tradition der historischen Anerkennung des Islam. So lässt er keine Gelegenheit aus, die über 100-jährige Geschichte von Toleranz und Anerkennung zu betonen, um seine Assimilationsagenda und den damit einhergehenden Vertragsbruch zu kaschieren. Ein Vertrag, der weltanschaulich-religiöse Unterschiede anerkannt und vom Prinzip her der gesellschaftspolitischen Lebenswirklichkeit Rechnung getragen hat, ohne ein klares Bekenntnis zu Österreich, seinen Normen und Werten zu verlangen. Das Islamgesetz von 1912 steht damit im diametralen Widerspruch zur gegenwärtigen Integrationspolitik, die auf die vollständige geistige und praktische Assimilation der in Österreich lebenden Muslime abzielt!

Vor diesem Hintergrund ruft Hizb-ut-Tahrir dazu auf, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Die Hasstiraden von Sebastian Kurz dienen dazu, die Ächtung islamischen Lebens in Österreich auf allen gesellschaftlichen Ebenen zu verankern. Die enthemmende Wirkung seiner Worte spiegelten sich unmittelbar in der Berichterstattung zahlreicher Medien wider, die seine aggressive Rhetorik begrüßt und reproduziert haben. Deshalb fordert Hizb-ut-Tahrir alle vernünftigen Kräfte dazu auf, sich dem gefährlichen Pfad der Kurz-Regierung entschlossen entgegenzustellen und den faktischen Bruch mit der historischen Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaft zu verhindern. Gelingt dies nicht, stehen wir am Vorabend eines innergesellschaftlichen Kulturkampfes, der die gesamte Alpenrepublik in den Abgrund zu reißen droht.

(هَذَا بَلَاغٌ لِلنَّاسِ وَلِيُنْذَرُوا بِهِ)

Dies ist eine Botschaft an die Menschen, damit sie dadurch gewarnt werden […] [14:52]

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